Marta Stachowicz geb. Łucyk

05.10.1900 (Lwow) - 25.12.1971 (Warschau) Ravensbrück: Oktober 1944 – April 1945 „Als die Deutschen Warschau besetzten, endete das normale Leben. Meine Mutter wartete jeden Tag voller Angst, ob der Vater nach Hause zurückkehrt. Sie hielt mich, ein kleines Mädchen, und sagte: Er kommt bestimmt wieder, wir bleiben nicht allein.“

Barbara Piotrowska geb. Stachowicz

Während des Warschauer Aufstandes nahmen die Deutschen immer mehr Viertel ein, die Zivilbevölkerung wurde ohne ihr Hab und Gut vertrieben, ihre Häuser zerstört. Die Bevölkerung von Warschau (einschl. meiner Mutter, mir und meinem Vater) wurde im Durchgangslager „Dulag 121“ gesammelt. Dort waren wir einige Tage, während die Deutschen die Menschen für die Transporte aussuchten.

Nach einigen Tagen kamen die Männer unseres Transportes in das KZ Neuengamme. Mein Vater kam dort schon am 8. 12. 1944 ums Leben.

Frauen mit Kindern wurden nach Ravensbrück gebracht und wir wurden in einem großen Zelt untergebracht. Der Aufenthalt dort war schrecklich, alle waren von der Angst vor einer Trennung beherrscht. Anschließend schickte man uns mit einer großen Gruppe Frauen und Kinder zur Arbeit in der Landwirtschaft und anschließend in eine Ziegelei und eine Zuckerfabrik, wo die Mütter schwer arbeiteten und geschlagen wurden.

Gegen Kriegsende 1945, in der Zeit des Todesmarsches, zeigte meine Mutter großen Mut und viel Kraft und besorgte irgendwoher einen Kinderwagen und fuhr mich, da ich nicht laufen konnte.

Ende April 1945 wurden wir von der amerikanischen Armee befreit.

Nach Kriegsende blieben wir auf deutschem Gebiet in den von Amerikanern für die Betreuung von Kriegsopfern errichteten Lagern.

Nach Polen kehrten wir im Juli 1946 zurück, nachdem wir die offizielle Nachricht vom Tod meines Vaters erhalten hatten.

An meine Mutter erinnere ich mich als eine ungewöhnlich tapfere, mutige, psychisch starke, aber auch sehr traurige Frau. Wir überlebten das Konzentrationslager Ravensbrück, den Tross und Todesmarsch nur dank des starken Willens meiner Mutter, die nicht verzweifelte, sondern an die Freiheit und den Schutz Gottes glaubte.

Alle Erlebnisse aus der Kriegszeit waren für meine Mutter tragisch – sie verlor ihren Mann und ihren Besitz und musste sich allein um ihre Tochter kümmern. Die Rückkehr nach Polen war bitter. Warschau lag in Schutt und Asche. Wir mussten ganz von vorn neu anfangen, wir hatten nichts. Entfernte Verwandte und Freunde meines Vaters halfen uns. Meine Mutter arbeitete und hatte mit gewaltigen Problemen zu kämpfen. Trotzdem schuf sie die Bedingungen dafür, dass ich studieren und eine Familie gründen konnte. In ihren Gedanken wollte sie nicht in die Zeit des Krieges zurückkehren.

Aufgeschrieben von ihrer Tochter Barbara Piotrowska, 2020