Neus Català i Pallejà

06.10.1915 – 13.04.2019 in Els Guiamets /Tarragona,

Krankenschwester Ravensbrück: 3. Februar 1944, ab April 1945 im Außenlager Holleischen bis 5. Mai 1945

Alle Erzählungen über die spanischen Frauen im KZ Ravensbrück müssen mit dem Jahr 1936 beginnen, dem Jahr des Putsches von Teilen der Spanischen Armee unter dem Faschisten Franco gegen die junge Spanische Republik.

Viele der in Ravensbrück eingesperrten spanischen Frauen hatten sich für die Spanische Republik eingesetzt. So auch Neus Català, die sich in einem Waisenheim der Spanischen Republik um die Kinder kümmerte. Später war sie im französischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer aktiv.

Neus Català, Foto: W. Reiher
Neus Català, Foto: W. Reiher

Neus Català i Pallejà wurde am 6. Oktober 1915 in Els Guiamets, Provinz Tarragona in einer Bauernfamilie geboren.

Als der Putsch Francos gegen die Spanische Republik im Juli 1936 begann, zog sie nach Barcelona. Sie wurde Mitglied der Juventudes Socialistas Unificadas, war Gründungsmitglied des Partit Socialista Unificat de Catalunya (PSUC) und arbeitete im sozialen Bereich. Im Jahr 1937 schloss sie eine Ausbildung zur Krankenschwester ab.

Während des Spanischen Bürgerkrieges arbeitete sie in einem Waisenheim der Spanischen Republik. 1939 war sie verantwortlich für 180 Waisenkinder der Colonia Las Acacias in Premià de Dalt, mit denen sie nach der Niederlage der Republik über die Grenze nach Frankreich ging und sie so in Sicherheit brachte.

Gemeinsam mit ihrem Ehemann, Albert Roger, beteiligte sie sich aktiv am französischen Widerstand. Das Haus der beiden war ein Stützpunkt des Maquis. Es galt, Verstecke für spanische und französische Widerstandskämpfer zu finden, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland vorgesehen waren. Es wurde die Versorgung mit Quartieren, gefälschten Papieren, Sprengsätzen und Waffen organisiert. „Vor allem brauchten wir Waffen, um die Saboteure der Hochspannungsleitungen, der Eisenbahnlinien und von allem, was die militärischen Einrichtungen der Naziokkupanten betraf, schützen zu können.“(Neus Catalá, a.a.O.). Die militärischen Planungen der Widerstandsgruppe fanden im Haus der beiden statt. Neus war weiterhin auch als Krankenschwester tätig. Und sie absolvierte viele Einsätze als Kurier.

Am 11. November 1942 wurden sie verhaftet. Ein Spitzel hatte sie verraten. Man brachte sie in das Gefängnis von Limoges, in dem sie schwer gefoltert wurde. Nach zwei Monaten wurde sie mit dem Zug in das Lager von Compiègne, in Royallieu gebracht. Noch auf dem Bahnhof von Limoges sahen sich Neus und ihr Ehemann Albert ein letztes Mal durch die Ritzen des Waggons und nahmen Abschied voneinander.

Im Lager von Compiègne lernte Neus Geneviéve de Gaulle kennen, die ihre Kameradin in der Gefangenschaft wurde. Ende Januar wurden beide Frauen zusammen mit ungefähr tausend anderen Frauen in Viehwaggons gepfercht und fünf Tage und Nächte nach Deutschland, nach Ravensbrück deportiert. Am 3. Februar 1943 kamen sie dort an. „Wer wird eines Tages in der Lage sein, den ersten Eindruck zu beschreiben? Ich habe noch niemanden getroffen, der darauf antworten könnte, nicht einmal annäherungsweise, wenn es darum geht, was ich fühlte, als ich die Schwelle zum Vernichtungslager überschritt.

Im April 1944 wurde Neus zusammen mit etwa weiteren hundert Frauen ihrer Baracke mit dem Zug nach Holleischen, in der Nähe von Pilsen, transportiert. Sie musste dort Zwangsarbeit in den Metallwerken Holleischen GmbH leisten. „In der Werkstatt 44, dem Kommando Faul, wurden Luftabwehrgeschosse hergestellt, Tag und Nacht, in wöchentlich wechselnden Schichten. Pro Schicht mussten wir 10.000 Geschosse herstellen. …, in neun Monaten wurden 10 Millionen jener Geschosse unbrauchbar gemacht. Es gab Spezialistinnen, die die Pressen zerstörten, wie Titi; solche, die den Laufrhythmus der Maschinen verlangsamten, wie ich, …Unsere ‚geliebten‘ Maschinen waren im April 1944 in unsere Obhut gekommen, und Anfang Mai waren sie paralysiert.“ In ihrem Buch nannte es Neus als ihre „Pflicht, darauf hinzuweisen, dass der Chefingenieur,… das hätte herausfinden können, aber er tat es nicht….Auch der Meister denunzierte uns nicht, …“

  1. Am 3. Mai, um 11 Uhr nachts, sahen wir von Prag her kommend, 80 Kilometer von Holleischen entfernt, eine mehrere Kilometer lange ununterbrochene Feuerfront. Wie wunderbar! Würden sie rechtzeitig kommen? ... Am Morgen des 5. Mai verschlossen sie unsere Baracken mit Vorhängeschlössern und schweren Eisenstangen. …Um halb zwölf vormittags befreite uns eine Gruppe Guerillakämpfer. Uff! Das Lager war vermint und sollte um Punkt zwölf in die Luft fliegen.“

Neus Català überlebte das KZ und kehrte 1945 nach Frankreich zurück. Ihr Ehemann Albert Roger wurde in das KZ Sachsenhausen deportiert und kam kurz vor der Befreiung im KZ Bergen-Belsen um.

Mit Fèlix Sancho, mit dem sie gemeinsame Ideale verband, gründete sie in Frankreich eine neue Familie. Den Kampf gegen das faschistische Franco-Regime setzte sie jetzt von Frankreich aus fort. „Es war meine Rettungsplanke. Spanien war nicht tot und es wird niemals sterben.

Sie war in den Vereinigungen der ehemaligen Häftlinge der Konzentrationslager aktiv und gehörte 1962 in Barcelona zu den Gründungsmitgliedern der damals noch illegalen spanischen Amical de Mauthausen y otros campos, die von da an zu einem wichtigen Rahmen für ihre Arbeit wurde. Unentwegt war sie bemüht, die Erfahrungen der spanischen Verfolgten und Deportierten, insbesondere der Frauen, zu sammeln und der Welt bekannt zu machen.

Neus Català gab den Anstoß zur Errichtung eines eigenen Gedenkraumes für die spanischen Frauen im ehemaligen Bunker auf dem Gelände der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. Von ihr stammen auch die wesentlichen Ideen für die inhaltliche Gestaltung des Raumes, in dem bis heute die Fahne der Spanischen Republik, für die die spanischen Häftlinge der Konzentrationslager gekämpft hatten, zu sehen ist. Die von ihr ausgewählten Fotos dieser Zeit verdeutlichen die Entschlossenheit und den Enthusiasmus der VerteidigerInnen der Spanische Republik. Der spanische Gedenkraum ist Teil des Vermächtnisses von Neus Català sowie aller in Ravensbrück inhaftierten Spanierinnen.

Neus Català über Ravensbrück: „*Für mich war es der Prüfstein für die Schönheit der höchsten Gedanken der großen Brüderlichkeit, der Heldenhaftigkeit bis zum Tode." *

1994 war Neus Català wesentlich an der mehrtägigen Jahresversammlung des internationalen Ravensbrück Komitees in Barcelona beteiligt.

Sie war Mitglied der Kommunistischen Partei Kataloniens (PCC), der Esquerra Unida i Alternativa (EUiA) und Ehrenmitglied der Fundació Pere Ariaca.

Neus Català starb am 13. April 2019. Sie war die letzte spanische Überlebende des Konzentrationslagers Ravensbrück.

Auszeichnungen und Ehrungen: 2005: Creu-de-Sant-Jordi der Generalitat de Catalunya,
2006: Katalanische Person des Jahres
2006: Alternativ-Preis der Esquerra Unida i Alternativa
2014: Goldmedaille für besondere Verdienste der Ayuntamiento de Barcelona
2015: Goldmedaille der Generalitat de Catalunya
2015: Ein Jahr für Neus Català, gewidmet von Katalonien
2018: Stolperstein, verlegt von Gunter Demnig in Els Guiamets

*Alle Zitate stammen aus:“ Neus Català „In Ravensbrück ging meine Jugend zu Ende“. Vierzehn spanische Frauen berichten über ihre Deportation in deutsche Konzentrationslager. S. 16-54, übersetzt aus dem Spanischen von Dorothee von Keitz und Andreas Ruppert; Edition tranvia Berlin, 1994, ISBN 3-925867-11-2

Weitere Quellen: Ingrid Schiborowski und Anita Kochnowski (Hrsg), Frauen und der spanische Krieg 1936-1939. Eine biografische Dokumentation. S. 596, 2016, Verlag am Park. ISBN 978-3-945187-75-3 und

Constanze Jaiser, Jacob David Pampuch (Hrsg), Europa im Kampf 1939-1944. Internationale Poesie aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück, S. 178-179, 2005 Metropol Verlag, ISBN 3-936411-61-1 und wikipedia*

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