Krystyna Usarek

Mai 1924 - 12.09.2008

Juristin, Rundfunkjournalistin

Ravenbrück: 5./6. August 1944, ab März 1945 Zwangsarbeit in Stuttgart

Ihre Leitlinie war: “Niemand wird mich jemals dazu zwingen können, dass ich das sage, was ich nicht denke.“

Krystyna Usarek im Jahr 2004, Foto: W. Reiher
Krystyna Usarek im Jahr 2004, Foto: W. Reiher

Krystyna Usarek wurde im Mai 1924 in der Familie eines Lehrerehepaares geboren. Nachdem die Deutschen 1939 Polen überfallen hatten, schlossen sie mit Ausnahme der Grundschulen alle Bildungseinrichtungen. Polnische Jugendliche sollten keine höheren Bildungsabschlüsse erlangen.

Krystyna, zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alt, erwarb ihr Abitur an einer illegal arbeitenden Schule. Anschließend begann sie mit einem Studium der Rechtswissenschaften an der Warschauer Universität. Ebenso wie zuvor der Schulunterricht, fanden die Vorlesungen und Seminare in Privatwohnungen der Lehrenden statt. Krystynas Eltern beteiligten sich beide aktiv am Widerstand gegen die geplante Vernichtung der polnischen Intelligenz.

Die Gestapo verhaftete die Eltern und Krystyna sowie die gesamte Familie am 30. Juli 1944 und hielt sie im Warschauer Gefängnis Pawiak gefangen. Zu diesem Zeitpunkt wusste Krystyna über die genauen politischen Aktivitäten der Eltern nicht Bescheid.

Vom Pawiak aus wurde Krystyna zusammen mit ihrer Mutter Stefania und ihrer Tante in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Ihr Vater kam in das Konzentrationslager Stutthof.

In Ravensbrück gelang es Krystyna, eine Arbeit in der Politischen Abteilung der Verwaltung zu erhalten, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt fast kein Deutsch sprach. Aufgrund ihrer schönen Handschrift, die dem zuständigen SS-Personal auffiel, blieb ihre Notlüge, die deutsche Sprache zu beherrschen, unentdeckt. Ihre Aufgabe war es, die ankommenden Häftlinge zu registrieren.

Im März 1945 wurde sie nach Stuttgart, zur Zwangsarbeit in das Hotel „Graf Zeppelin“, geschickt, wo sie die Befreiung in einem Luftschutzkeller erlebte.

Nach ihrer Rückkehr nach Warschau beendete Krystyna Usarek ihr Jurastudium. Noch während des Studiums begann sie als Ansagerin beim polnischen Rundfunk zu arbeiten. Mit den Jahren wurde sie zu einer sehr bekannten Rundfunkjournalistin, die für ihre analytische Schärfe und kritische Offenheit von vielen verehrt und von manchen gefürchtet wurde.

Krystyna Usarek war davon überzeugt, dass Ravensbrück sie persönlich und politisch fürs Leben geprägt hatte. Die ihr wichtigsten Güter, die es im Leben zu erreichen und zu bewahren gelte, seien Gerechtigkeit und Liebe. Sie brachte ihre kommunistische Überzeugung aktiv in die Parteiarbeit ein. Und in vielen journalistischen Arbeiten porträtierte sie mit Herz und Respekt Menschen aus den unterschiedlichsten Milieus. Dafür erhielt sie eine der höchsten staatlichen Auszeichnungen.

Ihre Leitlinie war: “Niemand wird mich jemals dazu zwingen können, dass ich das sage, was ich nicht denke.“

In ihrer Rede in Ravensbrück anlässlich des 59. Jahrestages der Befreiung führte sie u.a. aus: “Wir hoffen, dass das vereinigte Europa die alten Kriege und die Gewalt eliminieren. Ihr, heute hier Anwesende, müsst dafür kämpfen, dass der Name Deutsch nicht Henker bedeutet, sondern ein friedlicher Mensch… Wir ehemaligen Häftlinge der Hölle von Ravensbrück, die Lebenden und die Toten, setzen Vertrauen in euch. In diesem Kampf müssen die deutschen Menschen ihren Anteil haben. So ist es eure Aufgabe”, mahnte sie die Anwesenden zum unverminderten Kampf gegen Menschenverachtung und Krieg."

Krystyna Usarek hat ein Buch mit dem Titel „Grób Agrypiny“ (Das Grab der Agrippina) geschrieben, für das sie sich noch im hohen Alter an einen Computer gewöhnt hatte. Gestaltet als Kriminalroman, porträtiert sie darin Menschen vor der Geschichte Polens des 20. Jahrhunderts. Auch Ravensbrück spielt darin eine bedeutende Rolle, insbesondere die Geschichte der jungen Polinnen, die von SS-Ärzten als sogenannte Versuchskaninchen für medizinische Experimente missbraucht wurden und schreckliche Qualen erleiden mussten. Das Buch erschien 2001.

Krystyna verstand viele Sprachen und sprach selbst ausgezeichnet Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch. Sie hat eine Tochter zur Welt gebracht.

Neben ihrem Engagement als Mitglied des Internationalen Ravensbrück Komitees war sie viele Jahre mit der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste verbunden.

Quelle: Text von Hanna Nowakowska, Warschau, 2020 und Constanze Jaiser, Jacob David Pampuch (Hrsg.); Europa im Kampf 1939 – 1944; Verlag Metropol, 2005; S. 207-209

Referenzen: Kiedrzynska W., Ravensbrück – Kobiecy obóz koncentracyjny. Warszawa 1965 List of Ravensbrück prisoners: http://www.stankiewicze.com/ravensbruck/ravensbruck_3.htm Interview of Anna Sekudewicz with Janina Jankowska reporter in Polish radio, colleague of Krystina Usarek (talk in Polish) http://www.sdp.pl/wywiady/5106,rozmova-dnia-12-lutego,1307050285 “Piekna z zasadami2 – reportaz Olgi Mickiewicz (in Polish), http://www.polskieradio.pl/80/1007/Artykul/1478089,Piekna-z-zasadami-reportaz-Olgi-Mickiewicz http://www.nekrologi-baza.pl/zlista/417