Miroslava Berdychová

(27. 10. 1914, Prag - 26. 07. 1995)

Ravensbrück: 14. Januar 1942 - 28. April 1945

Journalistin

Meine Mutter, Miroslava Berdychová, geb. Tepla, war vor dem Krieg Mitglied der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (Komunistická strana Československa). Vor dem Krieg arbeitete sie beim Film und trieb sehr aktiv Sport als Mitglied der Leichtathletiksektion des Hochschulsports Prag. Sie fuhr Ski, nahm an Wettkämpfen im Gehen teil und spielte Feldhockey.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs engagierten sich meine Eltern aktiv im politischen Widerstand. Ab der zweiten Hälfte des Jahres 1941 war meine Mutter im Gefängnis Pankrác in Prag inhaftiert, während mein Vater später in der Kleinen Festung Theresienstadt und im KZ Mauthausen interniert war. Meine Mutter wurde später nach Ravensbrück deportiert, wo sie das Kriegsende erlebte.

Ende April 1945 wurden die Frauen aus dem Lager auf den Todesmarsch getrieben. Meiner Mutter gelang nach einigen Tagen zusammen mit vier Freundinnen die Flucht in der Nähe des Städtchens Goldberg. Das erste, was die jungen Frauen taten, war, sich in einem verlassenen Haus Zivilkleidung zu nähen. Nach einer eintägigen Schlacht um Goldberg konnten sie auf die Seite der Sowjetarmee gelangen. Bis Mitte August 1945 blieben sie weiter in Goldberg, und halfen in der Molkerei aus. Danach trafen sie einen Tschechen, der britische Piloten holen fuhr und dem in Goldberg das Benzin ausgegangen war. Die Frauen besorgten ihm bei der russischen Garnison Benzin und der Mann brachte sie mit dem Wagen nach Prag. Von der Molkerei erhielt jede von ihnen sechs Kilogramm Butter.

Nach dem Krieg arbeitete meine Mutter bei der Film-Wochenschau, später war sie Redakteurin bei verschiedenen Zeitungen. Ich wuchs auf dem Land bei ihrer Mutter auf, der ich meine gute Gesundheit verdanke. Ich war unter den ersten Kindern, die ehemalige Gefangene nach dem Krieg zur Welt brachten. Ich war sehr kränklich und meine Großmutter behandelte mich und meine Eltern mit guter Nahrung, die es in der Stadt nicht gab.

1995 nahm ich am internationalen Workcamp in Ravensbrück teil, als erster Nachkomme einer der Insassinnen. Dort hielt ich das erste Mal das Buch „Ravensbrück“ in der Hand, dessen Mitautorin meine Mutter war. Meine Mutter war ein aufrechter und ehrlicher Mensch. Von ihrer Mutter hatte sie ein stark ausgeprägtes Sozialempfinden und viel Sinn für Humor.

Als ich meine Mutter nach den Konzentrationslager fragte, antwortete sie: „Mein schönster Frühling war, als ich dem Todesmarsch entfloh.“ Meine Eltern sprachen nie mit mir über die Schrecken des Lagers. Meine Mutter begann erst im Alter, mit meinen Söhnen über ihre Erfahrungen im Konzentrationslager zu reden. Sie sagte, dass ihr die Solidarität mit den anderen, die gegenseitige Hilfe und die Erhaltung von Kultur beim Überleben halfen, aber vor allem, dass sie vor dem Krieg aktiv Sport getrieben hatte.

Aufgeschrieben von ihrer Tochter Kateřina Kočková, 2020