Zdĕnka Dr. Nedvĕdová-Nejedlá

geb. am 20. August 1908 in Prag,

Kinderärztin

KZ Theresienstadt: 15. Dezember 1942 KZ Auschwitz: 27. Januar 1943 KZ Ravensbrück: 20. August 1943 – bis zur Befreiung am 1. Mai 1945

Zeugin in den Hamburger Ravensbrück-Prozessen 1946-1947.

Seit Juni 1945 Vorsitzende der tschechoslowakischen Lagergemeinschaft Ravensbrück. Mitorganisatorin des ersten Treffens von Überlebenden des KZ Ravensbrück aus verschiedenen Ländern im März 1946 in Prag; von Beginn an Mitglied des Internationalen Ravensbrück Komitees.

Zdĕnka Nejedlá wurde am 20. August 1908 in Prag geboren. Der Vater, Dr. Zdĕnek Nejedlý, war Professor an der philosophischen Fakultät der Karlsuniversität, die Mutter Marie Nejedla, war Hausfrau. Nach dem Abschluss des Gymnasiums begann sie 1926 das Studium der Medizin, gemeinsam mit Miloš Nedvĕd, dem Sohn eines Senators.

Gemeinsam begannen sie, in der kommunistischen Studentenorganisation zu arbeiten. 1933 heirateten und promovierten beide. 1934 wurde ihre Tochter Hanka geboren.

1938 führte Dr. Zdĕnka Nedvĕdová-Nejedlá eine eigene Kinderarztpraxis in Prag. Ihre Praxis wurde gleichzeitig zur Anlaufstelle für die Verteilung illegalen antifaschistischen Materials. Sie arbeitete im Künstlerverband Mánes mit, in dem fortschrittliche Künstler und Wissenschaftler Ideen über Kultur und Wissenschaften im Sozialismus diskutierten.

Am 29. April 1942 wurde ihr Mann Miloš verhaftet, am 5. Juni auch Zdenka Nedvĕdová und ihre Schwiegermutter. Zdenka erreichte bei der Gestapo, dass ihre Tochter Hanka bei Verwandten aufwachsen konnte.

Nach den Verhören durch die Gestapo wurden Zdenka, ihr Mann und ihre Schwiegermutter nach Theresienstadt abtransportiert. Zdenka hatte dort als Häftlingsärztin zu arbeiten.

Am 27. Januar 1943 wurden Zdenka und ihr Mann nach Auschwitz deportiert. Zdenka wurde zunächst zu schweren Arbeiten beim Verladen von Ziegelsteinen gezwungen, später wurde sie als Häftlingsärztin eingesetzt. Beide infizierten sich mit Flecktyphus, an dem ihr Mann am 23. März 1943 starb.

Am 20. August 1943 wurde Dr. Zdenka Nedvĕdová nach Ravensbrück transportiert. Sie hatte zunächst als Häftlingsärztin in der Infektionsabteilung zu arbeiten, dann im Untersuchungszimmer als Internistin unter dem SS-Arzt Dr. Treite und ab September 1944 als Kinderärztin im Säuglingsblock. Mutig fälschte sie Diagnosen zu Gunsten der kranken Frauen, unterlief angeordnete medizinische Experimente an Häftlingen, erwies ihren Kameradinnen jede ihr mögliche Hilfe, oft unter Einsatz ihres Lebens.*

Am 28. April 1945, als die SS weitere Häftlinge auf den Todesmarsch trieb, weigerte sie sich, dass Lager zu verlassen. Stattdessen blieb sie zusammen mit anderen Häftlingsärztinnen und Häftlings-krankenschwestern, darunter auch Hanka Housková, gegen den Willen der SS bei den ca. 2000 kranken Häftlingen. Zdenka wurde von vielen Kameradinnen „unsere Sonne“ genannt.

Am 1. Mai 1945 wurde das KZ Ravensbrück von sowjetischen Truppen befreit. Bis Ende Mai 1945 arbeitete Dr. Zdenka Nedvĕdová mit dem leitenden sowjetischen Arzt Dr. Burlanow bei der Pflege der Häftlinge und der Einrichtung eines internationalen Hospitals im ehemaligen Lager zusammen. In dieser Zeit erreicht sie die Nachricht vom Tod ihres Bruders Vit.

Am 31. Mai 1945 kehrte sie mit einem Krankentransport von etwa 100 Frauen nach Prag zurück.

Seit Juni 1945 praktizierte sie als anerkannte Kinderärztin in Prag.

Seit Juni 1945 war sie auch Vorsitzende der tschechoslowakischen Lagergemeinschaft Ravensbrück. Im März 1946 trafen sich in Prag – zum ersten Mal seit ihrer Befreiung - Überlebende des KZ Ravensbrück aus verschiedenen Ländern. Zdenka Nedvĕdová wurde von Beginn an Mitglied des Internationalen Ravensbrück Komitees.

1946 bis 1947 trat sie als Zeugin in den Hamburger Ravensbrück-Prozessen auf.

1948 übergab sie freiwillig ihre private Arztpraxis an den Staat. 1949 heirate sie Jaroslaw Kojzar, den Leiter des Forschungskabinetts ihres Vaters. Später übergab sie auch diesen wertvollen Archivbestand an den Staat.

Nachdem die Armeen des Warschauer Vertrags im Sommer 1968 die ČSSR besetzt hatten, richtete sie drei leidenschaftliche Appelle im Rundfunk dagegen. Aus ihrer Sicht waren die Reformbestrebungen Dubčeks richtig. Sie wurde daraufhin von allen politischen und gesellschaftlichen Funktionen entbunden. 1969 trat sie aus der Kommunistischen Partei aus.

1982 verstarb ihr zweiter Ehemann. Mit zunehmenden Alter zog sie sich in das Privatleben zurück. Zu ihren Kameradinnen hielt sie dennoch Kontakt und nahm nach wie vor Anteil an den aktuellen politischen Entwicklungen.

Quelle: „Ravensbrückerinnen“, Hrsg. Von Sigrid Jacobeit in Zusammenarbeit mit Elisabeth Brümann-Güdter, S. 90-92, Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Nr. 4; Edition Hentrich)